Hirngespinste sind kleine Wesen in deinem Kopf. Sie leben in emotionalen Wolken und sinnlichem Nebel und sie orientieren sich am Gitternetz der Abzählbarkeit.
Es gibt eine Tür in deinen Kopf, wo Hirngespinste wohnen. Sie tun sich zusammen zu großen Plänen und kleinen Ideen und sind immer für dich da. Unsere Welt sieht zwar nicht aus wie der Gefühlsnebel in dem die Hirngespinste wohnen, aber sie basiert darauf. Die Hirngespinste sind eine andere Dimension unserer Welt.
"Das Gespenst, von dem Marx damals sprach, war also da, ohne dazusein. Es war noch nicht da. Es wird niemals da sein. Es gibt kein Dasein des Gespenstes, aber es gibt auch kein Dasein ohne beunruhigende Fremdheit, ohne befremdende Vertrautheit (Unheimlichkeit) irgendeines Gespenstes. Was ist ein Gespenst? Was ist seine Geschichte, und was ist seine Zeit?
Wie sein Name anzeigt, ist das Gespenst die Frequenz einer gewissen Sichtbarkeit. Allerdings der Sichtbarkeit des Unsichtbaren. Und die Sichtbarkeit in ihrem Wesen kann man natürlich nicht sehen, deswegen bleibt sie jenseits des Phänomens oder des Seienden. Das Gespenst ist unter anderem auch das, was man sich einbildet, was man zu sehen glaubt und was man projiziert: auf eine imaginäre Leinwand, dahin, wo es nichts zu sehen gibt. Zuweilen noch nicht einmal eine Leinwand. Und eine Leinwand ist im Grunde, im Grunde dessen, was sie ist, immer eine Struktur der verschwindenden Erscheinung. "
Derrida, Marx' Gespenster, 1995
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Im Farbraum gibt es alle Farben, aber die Hirngespinste sind schwarz-weiß. Genau so wie Buchstaben und Zahlen, oder andere Zeichen. Die Grundfarbe des Farbraums ist eigentlich weiß. Könntest du in den Farbraum einsteigen, dann würdest du dich in all deine Hirngespinste auflösen und sie würden im Farbraum ein Kaffeekränzchen abhalten, eine Party schmeißen, oder sich einfach mal ausruhen. Hirngespinste sind für dich da, aber der Leistungsdruck, unter dem du oft stehst, ist ihnen eigentlich unbehaglich. Sie lieben es, sich im grenzenlosen Farbraum frei zu bewegen und nutzen das Gitternetz der Abzählbarkeit nur, um auch mal Struktur zu erleben.
Die Hirngespinste kommen gerne aus dem Farbraum heraus, um euch zu besuchen. Es ist ein Übergang zwischen zwei zu unterscheidenden Dimensionen. Unserer, dem dreidimensionalen Raum der Sichtbarkeiten, und der Dimension der Hirngespinste, die sich unendlich viele Faltungen legt. Alles kann dort entstehen und bei uns, in der Welt, versuchen wir mühselig diese Unendlichkeit nachzuempfinden. Dabei muss man nicht stolpern. Es ist okay. Drei Dimensionen sind viel weniger, als unendlich viele. Und dann gibt es auch noch die Linearität der Zeit. Die Erdanziehung macht auch einiges komplizierter, als im wohlig unendlichem Nebel des Farbraums.
Dieses Hirngespinst stellt sich zwischen die Dinge. Es trennt das Hässliche vom Schönen und das Gute vom Schlechten. Aber auch das Detaillierte vom Kleinteiligen oder das Rote vom Purpurroten. Es bleibt in all dieser Abgrenzung immer ein Hirngespinst. Es hüpft von einer Sache zur nächsten. Und du denkst all das zusammen. Du denkst dieses Hirngespinst überall hin. Auch zwischen Mann und Frau, oder queer und LGBTQ. Zwischen Nacktschnecken und Schnegeln, oder Verputz und Mörtel. Am besten aber, du fragst immer mal alle Beteiligten, ob es sich wohlfühlt da, wo du es hin gedacht hast. Dann kann nichts schief gehen.